TAI CHI CHUAN


Die beste Zeit zum Praktizieren ist der frühe Morgen. Üben Sie möglichst draußen, oder in einem ruhigen Raum. Tragen Sie bequeme Kleidung. Sie können die Übungen barfuß, mit rutschfesten Strümpfen oder auch leichten Schuhen gehen. Warten Sie nach dem Essen ein bis zwei Stunden, bevor Sie mit den Übungen beginnen.

Kap. 1

Chi = Energie oder Lebenskraft - gilt in China als die Quelle des Lebens. Ausdruck dieser Energie sind die polaren Kräfte Yin und Yang. Diese Kräfte repräsentieren alle gegensätzlichen Erscheinungen, wie etwa Ruhe und Bewegung, plus und minus, zusammenziehen und öffnen, dunkel und hell, Mond und Sonne, schwach und stark oder passiv und aktiv.
Beim Tai Chi Chuan wird Bewegung durch Ruhe überwunden, Starre durch Nachgeben besiegt. 

Die Prinzipien im Tai Chi Chuan sind:

Aufrecht, ausgewogen, stetig, langsam, einheitlich, sanft, leicht, rund und belebt.

Die Haltung soll aufrecht, natürlich und bequem sein. Die Wirbelsäule ist dabei gerade. Nur so kann man Chi - die Energie, die Lebenskraft - wirklich wahrnehmen. Die Bewegungen sollen nicht nur entspannt, natürlich, leicht und belebt sein, sondern auch eingebettet in eine bestimmte Geschwindigkeit. Dies wird verglichen mit dem Ziehen eines Seidenfadens aus einem Kokon: Zieht man zu schnell, reißt er. Zieht man zu langsam, löst er sich nicht. Die entspannte Bewegung ist kennzeichnend für Tai Chi Chuan, unabhängig davon, ob die Gliedmaßen gehoben oder gesenkt werden.

Wie können wir heute diese Jahrtausende alte Bewegungskunst nutzen? Im China der heutigen Zeit treffen sich oft tausende von Menschen, und praktizieren in öffentlichen Parks Tai Chi Chuan. Alter, Geschlecht und Stand spielen dabei keine Rolle. Wie schon von alters her steht der Erhalt der körperlichen und geistigen Gesundheit im Vordergrund. Die Beweglichkeit der Wirbelsäule ist nach einem  chinesischen Sprichwort wesentlich für das Wohlbefinden. Yang Chengfu sagt: "Wird der Rücken gerade gehalten, fließt die Kraft auf unvergleichliche Weise."
Die meisten modernen Menschen haben irgendwann in ihrem Leben Rückenprobleme. Wichtig ist Vorbeugung statt Nachsorge. Die Chinesen bezahlen  ihren Arzt für den Erhalt ihrer Gesundheit.

Tai Chi Chuan hat sich gewandelt: von einer geheimen Kunst zu einer lang erprobten Disziplin für Körper und Geist. Die Meisterschaft zu erreichen fällt bestimmt nicht leicht. Den Weg zu beginnen aber ist einfach. Ein Weg für das ganze Leben: hin zu heiterer Gelassenheit, innerer und äußerer Stärke und Zufriedenheit.


Kap. 2

Zum Aufwärmen des Tai Chi - Vorübungen:

Grundstellung: Beine geschlossen, aufrecht und gerade stehen.

Beuge-Übung

Füße parallel, die Tore öffnen. (Mit dem rechten Fuß einen kleinen Schritt nach rechts.)
Kopf nach unten fallen lassen (langsam), Arme locker (hängen) lassen. Wirbel für Wirbel abrollen (Oberkörper nach unten beugen, mit dem Kopf runter, soweit es geht, hängen lassen, linke Hand in rechte legen.) entspanntes atmen.
Hände lösen, die Knie beugen, den Rücken gerade hochrollen.

Den Himmel stützen

Die Hände ineinander schieben (falten), leicht, ohne Muskelkraft nach oben - einatmen. (Bis über den Kopf heben, Handflächen drehen nach außen.) Den Rücken strecken (auf Zehenspitzen stehen), Hände lösen, fallen lassen (Handflächen zeigen nach außen, dann nach unten - Arme seitlich nach unten bewegen) nach unten, ausatmen.
(Arme bis nach unten, dann zur Mitte, dabei Unterarme anheben, bis etwa Brusthöhe.)
Die Arme leicht halten, die Handgelenke öffnen, (d. h., der Handrücken geht etwas zurück, Handflächen zeigen nach oben) Das Chi aufnehmen (Chi = die Lebenskraft, Energie), das Chi zu den Füßen schicken. (Eine drehende Bewegung der Hände: Beim anheben der Unterarme zeigen die Handflächen nach oben, drehen sich in Brusthöhe, so dass sie nach unten zeigen, als ob man einen Ball von oben hält, dann abwärts, Hände drehen seitlich nach außen, dann nach unten, vor dem Körper.) Arme fallen lassen. Noch einmal.
Die Füße zusammen.

Der kauernde Tiger

Grundstellung. Die Lendenwirbelsäule seitlich öffnen - Oberkörper beugen, die Beine gestreckt, Gewicht vorne auf den Füßen, den Kopf hängen lassen, mit den Händen unterhalb den Knien, auf dem Schienbein abstützen. Gesäß, Kopf und Schultern zueinander, ausatmen. Kopf anheben, mehrmals nach rechts und nach links wenden. (Kopf zeigt gerade nach unten.)
Zur Mitte zurückkommen, Knie beugen, Rücken gerade hochrollen, Füße auseinander (einen kleinen Schritt nach rechts). Parallelstand, Arme ganz locker halten.

Das Mühlsteinprinzip

Knie gebeugt lassen, das Becken nach vorne, Knie zeigen über den mittleren Zeh, Hüfte über die Knie, Schultern über die Hüfte und nur oben bewegen - Bauch und Rücken.
Oberkörper dreht nach rechts, Kopf geht gerade und aufrecht mit, nach hinten schauen, Arme schwingen mit: rechte Hand hinter dem Körper über der linken Hüfte, bis unter dem Schulterblatt, linke Hand vor dem Körper über der rechten Hüfte entgegengesetzt.
Dasselbe links. Mehrmals schwingen.
Auspendeln lassen, ganz locker die Arme, bis der Körper zur Ruhe kommt.

Teil 2

Die Bewegung aus dem Schritt: rechter Fuß zeigt nach rechts, Gewicht rechts, Knie über dem mittleren Zeh. Linker Fuß 45 Grad nach links, hier gilt auch: Knie über dem mittleren Zeh.
Dann den Körper drehen, wie vorhin. (Beim drehen nach rechts den rechten Fuß anheben, Ferse auf dem Boden lassen - auf der Ferse drehen.)
Immer auf dem leeren Fuß drehen, Rücken und Kopf gerade halten, entspannt stehen. Mehrmals drehen, dann zum Ausgangspunkt zurück. (Rechts stehen, linken Fuß ansetzen.) Entspanntes stehen.

langsam vorwärts gehen

Rechtes Bein runtergehen (beugen), Arme heben (Handflächen zeigen nach vorne, Handgelenke etwa in Augenhöhe oder darüber, vor den Schultern), links schauen (und auch leicht drehen), achten Sie auf das Knie über dem mittleren Zeh (linkes Bein dabei leicht anheben, die Zehenspitzen berühren noch den Boden). Becken gerade, Bein löst sich aus der Hüfte (linkes Bein anheben, vor, strecken), aufsetzen (Ferse zuerst), abrollen, vorgehen.
Gleichgewicht halten auf dem vorderen Fuß, rechter Fuß ran (Bein heben, Knie gebeugt, Zehen etwas über dem Boden), drehe den Körper rechts. Knie links über dem mittleren Zeh lassen, vorschieben. Linkes Bein ran, Körper dreht oberhalb (nach links), Fuß lösen, leicht aufsetzen, vorgehen.
Zurückrollen, um 180 Grad drehen (nach rechts, dabei linken Fuß anheben, Ferse bleibt auf dem Boden), linker Fuß dreht zuerst (auf der Ferse), Gewichtsverlagerung, rechter Fuß zuerst, den rechten Fuß absetzen, nach links einen Schritt vor. Rechter Fuß ran, Mühlsteinprinzip: oberhalb des Gürtels drehen! Fuß absetzen, vorwärts gehen. Linker Fuß ran, drehen, Knie über dem mittleren Zeh lassen, absetzen, vorwärts gehen. Noch einmal rechts, absetzen, zurückrollen, Gewicht ist voll hinten, Zehen anheben rechts, über die Ferse drehen, zurückrollen, öffnen, linker Fuß gerade nach vorn, abschließen im Parallelstand. Arme senken.
Diese Übung ruhig und gelassen ausführen.

Der weiße Kranich breitet seine Flügel aus

1. Sequenz

Parallelstand (Beine auseinander, etwa Schulterbreite)

Die Hände halten die Wolken (linker Arm geht nach rechts - linke Hand vor der rechten Schulter, Handflächen nach unten; rechter Arm nach links, rechte Hand in Bauchhöhe unter dem linken Ellbogen, Handfläche nach oben - Arme waagrecht, ausgewogen)
Knie gebeugt, Rücken ganz gerade, entspannt, ruhig stehen, die Energie spüren in den Händen.
Hüfte dreht 45 Grad nach links, Auge geht mit. Abstreifen, rechte Hand hoch (rechts neben den Kopf, Handfläche nach vorne - Körper dreht wieder nach rechts in Ausgangsposition), (dabei linke Hand nach unten - hängt locker), ausatmen.
Linke Hand nach oben, rechte zur linken Schulter, Körper dreht rechts,  Blick geht mit, abstreifen, linke Hand nach oben, rechte hängen lassen.
Die Übung locker ausführen, die Achselhöhlen sind frei (wenn Arm oben), die Handgelenke sind locker.
Nochmal links, einatmen, abstreifen, ausatmen. Dasselbe rechts.
Arme ablegen.

2. Sequenz - die Füße

Beide Füße nach außen setzen, entspanntes stehen.
Rechtes Knie beugen, nach rechts, Körper dreht links. Linker Fuß frei (Zehenspitzen berühren leicht den Boden), lösen, Gesicht, Augen und Körper ziehen zur MItte rüber, stehenbleiben (linker Fuß nach vorne, aufsetzen). Kein Gewicht auf dem vorderen Fuß. Zurücksetzen, erst Ferse ausetzen, dann ganzen Fuß.
Linkes Knie links, Körper dreht rechts, rechts leer, Yin, zur Mitte kommen (rechter Fuß vor), vorne kein Gewicht aufsetzen, hinterer Fuß voll Yang.
Noch einmal rechts. Führen Sie die Übung langsam, behutsam aus - so wie der Atem kommt und geht. Nochmal links. Absetzen, entspanntes Stehen.

3. Sequenz - Hände und Füße zusammen

Die Hände halten die Wolken. Ins rechte Knie drehen, links schauen, Fuß leer, abstreifen (linker Fuß vor, rechter Arm nach oben). Fuß zurücksetzen, Körper dreht rechts, Knie bleibt links, rechtes Bein leer machen, vorsetzen (dabei linke Hand nach oben).
Rechter Fuß, die Hände gehen mit, werden geführt durch die Hüfte, linkes Bein, aufsetzen, Arme ablegen und stehen.

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Die Pipa spielen

Der rechte Fuß zeigt 45° nach rechts, das Knie ist gebeugt. Der linke Fuß setzt vor, die Hände vor den Körper halten, die Pipa spielen. Die Pipa ist ein Saiteninstrument, wie bei uns die Harfe. Dabei ist die linke Hand vorne und oben, etwa in Höhe der Nase, die rechte Hand näher am Körper, etwa in Höhe der Magengrube bzw. des Brustbeins. Kein Gewicht auf dem vorderen Fuß, 100 % Yang hinten, vorne Yin, leer.

Die Hüfte nach rechts drehen und den rechten Arm fallen lassen. Jetzt dreht die Hüfte den Körper. Während der rechte Arm nach oben geht, geht der linke nach unten, aufnehmen, Hüfte dreht zurück, ausatmen, wieder in Position. – Noch einmal: ablegen, ganz loslassen, keine Muskelkraft einsetzen, aufnehmen, ausatmen und zurücksetzen.

Wechseln: Ferse aufsetzen, linker Fuß etwas links, beim Vorwärtsgehen nicht nach oben kommen, Becken vor, rechte Hand vor, die Pipa rechts spielen. Arm fällt, Körper dreht, Augen gehen mit, ausatmen. Noch einmal - Arm fälltt, zurück, Hände vorwärts, Arme lösen, Füße parallel setzen.

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